Gottesdienste ohne die musikalische Begleitung durch „die Königin der Instrumente“ die Orgel sind für Christen undenkbar! Deutschland ist ein "Orgelland" - nirgendwo auf der Welt gibt es soviel spielfähige Orgeln. Unsere Kirchengemeinde freut sich sehr darüber, dass sie gerade im Jahr der Orgel eine neue Orgel erhält. Sie möchte allen Interessierten über die verschiedenen Schritte berichten, die für den Austausch der vorhandenen elektronischen Orgel gegen eine Pfeifenorgel im Kirchengebäude notwendig sind.
Phase 1 – Bedarf
Beim Wiederbezug der renovierten Kirche im Oktober 1990 wurde erstmals eine neue elektronische, zweimanualige Orgel der Fa. Kienle eingesetzt, die seither die Liturgie der Gottesdienste musikalisch umrahmt. Der jahrzehntelange Spielbetrieb hatte an der Orgel Spuren hinterlassen. Das Instrument wurde zunehmend reparaturanfälliger, in Gottesdiensten kam es wiederholt zu Aussetzern bis hin zu einem Totalausfall. Ersatzteile für Reparaturen waren nicht mehr verfügbar. Durch die Platzierung der Orgel zwischen Altar und Gebäuderückwand war der Orgelspieltisch sehr beengt.
Diese Situation führte dazu, dass ein internes Fachgremium den Bedarf prüfte und den Ersatz des Instruments durch eine gebrauchte Pfeifenorgel empfahl. Die Kirchenleitung gab schließlich grünes Licht, die Maßnahme durchzuführen.
Phase 2 – Planung
Die Auswahl einer geeigneten Orgel orientiert an einer Reihe von kirchenspezifischer Kriterien. Hierzu zählen Anforderungen an die musikalische Leistungsfähigkeit und Qualität des Instruments ebenso wie architektonische und bauliche Aspekte.
Die Schwierigkeit dieses Projekts war, ein geeignetes, gebrauchtes(!) Instrument zu finden, das in die bestehende Bausubstanz passt.
Welche Orgel passt zum Kirchengebäude?
Der Leitfaden für Orgel und Instrumente half bei der Auswahl:
Das Fachgremium recherchierte mit diesen Vorgaben den Markt für gebrauchte Pfeifenorgeln und wurde tatsächlich fündig.
Die evangelische Kirchengemeinde der Martin-Luther-Kirche in Bornheim-Walberberg (bei Brühl südlich von Köln) bot ihre Orgel zum Verkauf an.
https://kirche-bruehl.de/cms/gemeinde/martin-luther-kirche
Nach Besichtigung und technischem Befund durch das Fachgremium vor Ort konnte die Orgel Anfang Februar 2021 erworben werden.
Orgel-Steckbrief
Hersteller:
Weimbs Orgelbau GmbH, Gewerbegebiet Kröpsch 5, 53940 Hellenthal; www.weimbs.de
Ein Unternehmen mit fast 600jähriger Orgelbauerfahrung.
Orgeldisposition
Baujahr: 1992 Manual 1: Manual 2:
Anzahl Manuale: 2 Praestant 8' Gedackt 8'
Tastenumfang: C-g‘‘‘ Spitzgambe 8' Holzflöte 4'
Pedalumfang: C-f‘ Oktave 4' Prinzipal 2'
Spieltraktur: mechanisch Nasat 2 ⅔' Krummhorn 8'
Registertraktur: mechanisch Flöte 2' Tremulant
Register: 13 Terz 1 ⅗' ab c0
Prinzipal-Basis: 8 Mixtur 2-3 fach 1'
Tremulant
Abmessungen: 525 x 325 x 98 cm Spielhilfen: Pedal:
Gewicht: ca. 2.500 kg II/I, I/P, II/P Subbass 16'
Rohrgedackt 8'
Das Fachgremium untersuchte detailliert die möglichen Aufstellorte. Wegen des optisch-symmetrischen Gesamteindrucks wurde die Aufstellung hinter bzw. seitlich links oder rechts neben dem Altar favorisiert.
Aus baustatischen Gründen musste davon abgesehen werden. Deshalb entschied man sich für die Aufstellung an der, vom Altar aus gesehenen, linken Seitenwand des Kirchensaals.
In einer Online-Veranstaltung am 20. April 2021 wurde die gesamte Gemeinde über die bevorstehende Veränderung informiert.
Phase 3 – De- und Remontage
Zur Projektrealisierung wurde das renommierte Leonberger Fachunternehmen
Werkstätte für Orgelbau Mühleisen GmbH, Ostertagstr. 20, 71229 Leonberg, https://orgelbau-muehleisen.de/de
beauftragt.
Anfang Mai 2021 wurde die die Orgel in der Martin-Luther-Kirche in Bornheim-Walberberg abgebaut.
Am 6. Mai 2021 kam die in Einzelteile zerlegte Orgel in unserer Kirche an.
Eine Gruppe tatkräftiger Helfer stand schon bereit, um binnen 2 Stunden die beiden Fahrzeuge zu entladen und die Teile in die Kirche zu verbringen.
Bereits beim Präsenz-Gottesdienst an Christi Himmelfahrt stand das Grundgerüst der Orgel mit den wesentlichen Funktionselementen aufgebaut an seinem Platz.
Jetzt begann die eigentliche Arbeit des Orgelbauers.
Phase 4 – Intonation
Nach und nach wird jede Orgelpfeife auf Funktion geprüft, sowie und innen und außen gereinigt, eingesetzt und an den „Orgelwind“ angeschlossen.
Die Intonation, d.h. die individuelle klangliche Abstimmung der Klänge auf den Kirchensaal ist ein mehrwöchiger Prozess.
Phase 5 - Übergabe
Bereits am 30. Juni 2020 begleitete die nun spielbare Orgel den ersten Gottesdienst.
Die offzielle Übergabe des neuen Instruments an die Gemeinde erfolgte am 04. Juli 2021 durch den Orgelsachverständigen Andreas Ostheimer.
Er stellte das gesamte Projekt und die technischen Eigenschaften der Orgel vor. Er ließ es sich nicht nehmen, die Orgel erklingen zu lassen,
um so die Register einzeln und im Zusammenspiel akustisch vorzustellen.
Die Organisten der Gemeinde erhielten von Andreas Ostheimer eine Einweisung in das Spielen auf dem neuen Instrument.
Den bauliche Abschluss bildete das beidseitige Anbringen von Verkleidungen, um den Wartungsgang zwischen Orgel und Gebäudewand zu verschließen.
Die Besucher der Gottesdienste dürfen sich nun am Klang einer "echten, neuen Orgel erfreuen. Sie möchte diese Freude gerne teilen und
die Orgel der Öffentlichkeit im Rahmen eines Konzerts vorstellen. Dafür müssen jetzt nur noch die Rahmenbedingungen gegeben sein...